Corporate Influencer und Storytelling. Ein perfektes Match.
„Wir setzen verstärkt Corporate Influencer!“ Diese Aussage ist immer häufiger von Unternehmen zu hören. Warum das so ist und wie die Arbeit von Mitarbeitenden als Markenbotschafter:innen durch Storytelling unterstützt werden kann, damit wollen wir uns jetzt genauer beschäftigen. Starten wir gleich mit einer Auswahl folgenschwerer Probleme, die gleichzeitig die besten Gründe liefern, um mit Corporate Influencern zu arbeiten:
- Rein produktorientiertes Marketing erreicht längest nicht mehr seine strategischen Ziele.
- Die tägliche Flut an Informationen und Kaufappellen führt zu Reaktanz auf Seiten der Konsument:innen.
- Vertraute Kommunikationsstrukturen verändern sich, Konnektivität und Interaktion im digitalen Raum führen dazu, dass Kund:innen von heute zwar perfekt vernetzt, aber auch permanent abgelenkt sind.
Im Kern geht es heute und in Zukunft um den Kampf um Aufmerksamkeit. Den gewinnen all jene, die sich für relevante Inhalte entscheiden. Aber es wird auch darum gehen, mehr zu leisten, als nur die externen Märkte und Zielgruppen zu bearbeiten.
Markenführung muss nach innen und außen gelebt werden.
Das Thema „Internal Branding“, also die interne Markenführung, hat die Kraft, Marken von innen zu stärken.
Laut Markenpapst Prof. Dr. Franz-Joseph Esch ist eine schöne Hülle ohne Kern immer nur eine Hülle“ (Esch, 2018, S. 143). Um diesen Kern zu stärken, werden zunehmend Mitarbeiter:innen für die Durchsetzung einer Marke eingesetzt.
Kleine Definition aus dem Influencer-Dickicht.
Wo es noch vor einigen Jahren typische Rollenverteilungen zwischen Kund:innen und Verkäufer:innen, Laien und Expert:innen oder Autor:innen und Leser:innen gab, haben sich diese Zuteilungen im Web 2.0 vollständig aufgelöst. Aus dem „Web of Companies“ ist ein „Web of People“ geworden (Wahlster/Dengel, 2006, S. 3). Genau hier sind unterschiedlichste Influencer zuhause.
Der Begriff stammt aus dem Englischen „to influence“. Es geht um den Einfluss oder die Einflussnahme einer Person, die aufgrund ihres Status oder ihrer Bekanntheit durch ihr Handeln beeinflusst. (Grabs & Sudhoff, 2014, S. 229). Influencer sind Meinungsführer:innen und Multiplikator:innen mit einer Community, denen es gelingt, das Verhalten von Menschen, ihren Followern, zu verändern oder deren Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Sie werden als Vorbilder wahrgenommen, als Pioniere, als Stars, als inspirierende Persönlichkeiten, denen man aufgrund ihrer Authentizität oder ihrer Expertise in einem bestimmten Themenbereich folgt. Es handelt sich beispielsweise um Bereiche wie Beauty, Mode, Lifestyle, Ernährung, Technik, Fitness sowie Job und Karriere. Aber auch exklusive Nischenthemen werden von Influencern bespielt. Influencer machen Trends und treiben Innovationen an und helfen bei der Verbreitung und Alltagsintegration von innovativen Produkten.
Angelehnt an die Diffusionstheorie nach Rogers zeigen Influencer ihren effektiven Einfluss in allen Phasen des Prozesses: Als Innovators kaufen sie zuerst, probieren und testen neue Produkte oder Technologien aus, dann nehmen sie Einfluss auf die Early Adopters, anschließend die Early Majority und schließlich die Late Adopters.
Von „Mega“ bis „Nano“ – Beispiele und Arten von Markenbotschafter:innen.
Influencer lassen sich in verschiedene Typologien unterteilen. Unter dem Aspekt der Reichweite wird in Mega-, Macro-, Micro-, und Nano-Influencer differenziert. Während letztere eine Followerschaft zwischen 50-10.000 Follower aufweisen können und durch Glaubwürdigkeit, Nähe zu ihrer Anhängerschaft und hoher Expertise den Unterschied machen, sind Mega-Influencer aufgrund ihrer Bekanntheit in der Lage, Millionen Menschen an sich binden. Mega-Influencer sind oftmals Superstars, Spitzensportler oder Künstler.
Das Top-Ranking auf Instagram in Deutschland führen aktuell Toni Kroos, Mesut Özil sowie Lisa und Lena an (statista, 2020).
Und was genau sind Abassadors oder Citizen Influencer?
Die Word-of-Mouth Marketing Assoziation (WOMMA, 2013) hat eine weitere Unterteilung vorgenommen und Influencer in fünf Bereiche eingeordnet: Advocates, sogenannte Markenfans, die über ihre Lieblingsprodukte sprechen und sich durch eine hohe Markenloyalität auszeichnen. Citizen Influencer fungieren als Multiplikatoren, treten meist in Kohorten auf und nutzen die Effekte ihrer starken Vernetzung. Professional/Occupational Influencer sind Personen, wie beispielsweise Steve Jobs, die ihren Einfluss aufgrund ihrer beachtlichen Karriere erreicht haben. Die vierte definierte Art von Key Influencern stellen die Celebrity Influencer dar. Zu ihnen zählen Prominente, wie Schauspieler oder Bands, die Brand Awareness für eine Marke erzeugen.
Schließlich sind noch die Ambassadors zu nennen. Sie sind Unternehmens- und Markenbotschafter und zählen zu den Corporate Influencern. Als Mitarbeitende übernehmen sie wichtige Kommunikationsaufgaben und können mit ihrer Arbeit u.a. für mehr Sichtbarkeit und Relevanz sorgen. Aber auch weitere Aspekte sprechen für Employee Advocacy, den strategischen Einsatz von Markenbotschaftern aus dem eigenen Unternehmen.
Corporate Influencer schaffen Markenerlebnisse.
Der „Trendreport 2019“ der dpa-Tochter „news aktuell“ verdeutlichte, dass bereits 49% der deutschen Unternehmen in ihrer Kommunikationsarbeit auf Corporate Influencer setzen. Zu den bekanntesten zählen Stefan Keuchel von Tesla, Nick Barten von OTTO oder Magdalena Rogl von Microsoft. Kernargumente für den Einsatz von Mitarbeitenden sind Aspekte wie Glaubwürdigkeit, Reputation und Vertrauen. Laut einer Studie der Hochschule Darmstadt und der Kommunikationsagentur Fink & Fuchs können Corporate Influencer die Glaubwürdigkeit von Unternehmen nachhaltig stärken (Fink & Fuchs, 2018).
Und auch für Esch sind Mitarbeiter:innen die wichtigsten Botschafter überhaupt: „Die unvergesslichen Erlebnisse mit einer Marke werden durch den Einsatz und das Engagement der Mitarbeiter geschaffen.“ (Esch et al., 2014, S. 10 f.). Um diese Erlebnisse zu verbreiten, nutzen Corporate Influencer ihre eigenen digitalen Kanäle.
Social Media. Von hier aus ins Herz der Kund:innen.
Corporate Influencer nutzen die sozialen Medien, um die Themen ihres Unternehmens zu kommunizieren. Das ist kein leichtes Unterfangen, schließlich bewegen sich Corporate Influencer mit ihren Botschaften in einer informationsüberfluteten, von Algorithmen gesteuerten Welt.
Hinzu kommt, dass die organische Reichweite von Social Media sinkt. Gründe dafür sind die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber-Plattformen einerseits, andererseits sorgte die zunehmende Kritik seitens der User dafür, dass u.a. Facebook oder auch LinkedIn an seinen Algorithmen arbeitete. Inhalte von Menschen, die einander nah sind und Inhalte von „People you know, talking about Things You Care About“ (Davis, 2019) werden im LinkedIn Feed priorisiert.
Wir merken uns also: Menschen möchten es am liebsten immer noch mit Menschen zu tun haben. Auf diese Weise wächst Vertrauen, Nähe, Glaubwürdigkeit und natürlich auch der Umsatz.
Was brauchen Corporate Influencer, um einen guten Job zu machen?
Neben Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Empathie, ist es wichtig, markenkonform zu kommunizieren und ein umfassendes Verständnis für die Marke und deren Identität, sprich dem Selbstbild des Unternehmens zu haben. Es wäre nahezu fatal, Mitarbeitende unvorbereitet in das Battle um Aufmerksamkeit ziehen zu lassen. Damit Corporate Influencer fest im Sattel sitzen, müssen für sie – neben dem Verständnis zur Unternehmensidentität – folgende Fragen klar beantwortet sein:
- Was sind die Ziele des Unternehmens?
- Was ist der Purpose des Unternehmens?
- Wie lautet das Mission Statement?
- Was sind unsere Core Values?
- Wie einflussreich kann meine Rolle als Mitarbeiter:in sein?
Sind diese und andere Fragen beantwortet, geht es um das Erstellen von relevantem Inhalten. Und ich wäre nicht ich, wenn ich hier nicht hier spätestens das Thema Storytelling in Spiel bringen würde.
“God made Man Because He Loves stories”. (Wiesel, 1966).
Was Storytelling ist – und was nicht.
Wissenschaftlich unbestritten ist: Menschen sind voller Geschichten, sie identifizieren sich damit, Menschen lernen von Geschichten oder geben das Gelernte an Andere weiter. Dieses Erzählen von Geschichten ist seit Jahrtausenden fest in der Menschheitsgeschichte verankert und wird heute als Storytelling-Methode in Politik, Journalismus, PR oder im Marketing professionell eingesetzt. Storytelling im Marketing setzt auf das Erzählen von Geschichten mit dem Ziel, Rezipienten zu überzeugen. Eine Identifikation mit den dargestellten Protagonisten der Story sowie dem Einsatz von Emotionen über narrative Werbeformen, sorgt bei Konsument:innen für positive Wirkungen (ARD-Forschungsdienst)
Beleuchten wir jetzt die Storytelling-Methode.
Die Storytelling-Methode grenzt sich vom bloßen Erzählen von Geschichten oder Anekdoten ab und bedient sich dem Handwerkzeug von versierten Autor:innen aus der Literaturszene, der Bühnenarbeit oder Filmindustrie. Dabei werden Geschichten detailgenau konzipiert: „Die Rede ist von Plots und narrativen Elementen, von Helden und weiteren Protagonisten, von Dramen und Konflikten, von der Transformation einer Hauptfigur, visuellen und filmischen Konzepten, die hoch emotional aufgeladen werden und zum Lachen und Weinen anregen.“ (Sammer, 2017).
Diesen emotionalen Zugang zu Stories erleben Menschen, indem sie nicht mit rationalen Fakten und Zahlen konfrontiert werden, sondern mit Held:innen, die sich auf eine Reise begeben. Es geht dabei um eine von Emotionen begleitete Heldwerdung, eine Transformation von einer alten Welt in eine neue Welt.
Der Mythenforscher und Publizist Joseph Campbell konstatiert in seinem Werk „Der Heros in tausend Gestalten“ (1999) ein erstaunlich einheitliches Grundmuster, eine Typologie, die Geschichten aus aller Welt aufweisen. Dabei definierte Campbell 17 Stationen einer Heldenreise, die Jahre später von Christopher Vogler, Drehbuchautor und Berater großer Hollywoodstudios sowie Autor von „Die Odysee des Drehbuchschreibens“, auf zwölf Stationen reduziert wurde. Hier geht’s zum Buch: https://www.suhrkamp.de/buch/joseph-campbell-der-heros-in-tausend-gestalten-t-9783458357735
Die Heldenreise. Beliebt und legendär.
Nach mittlerweile unzähligen Blockbustern, die auf der Struktur der Heldenreise aufbauen, ziehen nicht nur Autor:innen aller Genres Voglers Werk bei ihrer Arbeit heran, sondern auch „Lehrer, Psychologen, Werbeleute, Strafvollzugsexperten, Designer von Videospielen, Mythenforscher und Wissenschaftler, die sich mit der Popkultur beschäftigen“ (Vogler, 2010, S. 13).
Werbeleute und andere Expert:innen des Marketings verwenden die Heldenreise – meist ausgewählte Stufen/Stationen davon – häufig im Kontext einer Marken- oder Unternehmensidentität. Das sogenannte Corporate Storytelling unterstützt Unternehmen und Marken dabei, ihre Werte, ihre Missionen oder Visionen wirkungsvoll zu kommunizieren.
Die Wirkungsweisen von Storytelling.
Geschichten oder „Narrationen“, der wissenschaftliche Begriff dafür, wirken. Neuroökonom Paul J. Zak untersuchte am pyramidenförmigen Aufbau eines Dramas nach Gustav Freytag, welche Hormone an welchen Stellen einer Geschichte ausgeschüttet wurden. Das Ergebnis: Während eine Handlung von der Exposition bis zum Höhepunkt steigt und vermehrt Konflikte die Handlung bestimmen, schüttet das Gehirn das Stresshormon Cortisol aus. Wenn sich schließlich die Handlung auflöst und sich die erzählerische Situation entspannt (Dénouement), treten Zustände von Zufriedenheit oder Optimismus auf, die mit der Ausschüttung des Glückshormon Dopamin verbunden sind (Rupp, 2016).
Die Marketing-Professorin Jennifer Aaker von der Standford University zeigte eine weitere Wirkweise von Storytelling auf: Sie forderte Studierende auf, an einem Pitch teilzunehmen. Es ging darum, eine Idee für eine Minute zu pitchen. Nach 20 Minuten wurden die Studierenden gefragt, woran sie sich erinnern. Hier zeigte sich, dass die Pitches erinnert werden, die eine kleine Geschichte erzählen. Faktenbasierte Pitches – die Mehrheit der Studierenden entschied sich dafür – wurden schlecht erinnert. „Der Faktor, mit denen geschichtenbasierte Pitches gegenüber faktenbasierten erinnert werden, beträgt 22“ (Pyczak, 2021, S. 27).
Neben dem messbaren Einfluss auf Hormone und die Erinnerungsleistung, ist die Synchronisation von Gehirnen beim Erzählen von Geschichten zu nennen. Uri Hasson, Professor für Psychologie und Neurowissenschaften an der Princeton-Universität, spricht von dem Phänomen der im „Gleichtakt schwingenden Gehirne“. Hasson belegt an Magnetresonanztomografie-Scans, wie sich Gehirne beim Erzählen von Geschichten gleichschalten und nennt diesen Effekt „Neural Entrainment“, also neuronales Einschwingen. „Ich kann dafür sorgen, dass eure Gehirne aussehen wie meins“ erläutert Hasson während seines Vortrags auf der TED-Konferenz (Hasson, 2016).
Simon Sinek und die transformative Frage nach dem “Warum”.
Mit genau drei Fragen beschäftigte sich, während einer anderen TEDx-Konferenz am 17. September 2009, ein Marketingspezialist aus Wimbledon, Simon Sinek. Im Zentrum seiner Rede „Start with Why“ stand die Kommunikationsanalyse bekannter Führungspersönlichkeiten und Redner:innen. Hier identifizierte Sinek ein kommunikatives Muster, das den Erfolg dieser Persönlichkeiten erklärt: Mit drei einfachen Fragen – Was, Wie und Warum – gelingt es den erfolgreichen Kommunikator:innen, sinnstiftende Ebenen in ihren Reden zu verweben. Für Sinek steckt in der Frage nach dem „Warum“ eine besondere Kraft. „People don’t buy what you do; people buy why you do it” (Sinek, 2009). Dieses “Warum” sollte der Ausgangspunkt einer jeden Geschichte sein und Sinek appelliert, sich vor der Entwicklung eines Plots die Frage zu stellen, warum die Geschichte überhaupt erzählt werden soll. Was ist das tiefere Anliegen? Welchen Zweck soll die Geschichte erfüllen? Sind diese Fragen beantwortet, können Narrative entstehen, die Menschen im Innersten berühren und überzeugen.
Corporate Influencer nutzen mit Storytelling eine wertvolle Methode.
Halten wir fest: Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen und Marken in unserer VUCA-Welt ist es, die Aufmerksamkeit der Konsument:innen und anderer Anspruchsgruppen zu gewinnen und sie an die Markenwelt zu binden. Der professionelle Einsatz von Corporate Influencern in sozialen Medien ist ein effektives Vehikel, um crossmedial Dialoge zu führen oder Stakeholder in Co-Creation-Prozessen mit einzubeziehen. Um u.a. das Engagement zu fördern und Identifikationsmöglichkeiten herzustellen, ist Storytelling zu empfehlen. Diese Methode stellt Zugang über Emotionen her, mit dem Ziel, Menschen über Narrative zu überzeugen und Markenerlebnisse zu kreieren.
Gleichzeitig hat Storytelling einen sehr sinnstiftenden sowie involvierenden Charakter, der unterschiedliche Anspruchs- und Interessengruppen auffordert, sich aktiv mit ihrem User-generated Content zu beteiligen, was sich positiv auf Kennzahlen wie Interaktion, Reichweite oder Reputation auswirkt.
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